Die populistische Herausforderung in den Parlamenten

Förderung: Deutsche Forschungsgemeinschaft
Projektzeitraum: 2018-2024

 

Mit der Alternative für Deutschland (AfD) etabliert sich erstmals eine rechtspopulistische Partei im Parteiensystem der Bundesrepublik. Angesichts dieser Zäsur ist die Politikwissenschaft aufgefordert, die Erfolgsbedingungen der AfD zu analysieren und zu verstehen, wie die Partei den demokratischen Wettbewerb verändert. Bisherige Studien haben diese Fragen bereits adressiert und bieten wichtige Einblicke in Wählerschaft, Programmatik, Personal und Strategien der AfD sowie zu ihrer Arbeit in einigen Landtagen.

Allerdings bestehen nach wie vor bedeutende Forschungslücken. Da sich die meisten Studien auf die AfD konzentrieren, bleibt unterbelichtet, wie die etablierten Parteien in den Parlamenten mit ihr interagieren (Greifen sie z. B. die Themen der AfD auf oder vermeiden diese?) und wie sich die parlamentarische Arena insgesamt verändert (Werden z. B. parlamentarische Debatten und Abstimmungen konfliktiver?). Zudem sind bestehende Studien in der Populismusliteratur verankert, und nutzen das Potential der Parlaments- und Parteienwettbewerbsforschung nur wenig. Schließlich sind vergleichende Arbeiten im Hinblick auf betrachtete Landtage, Verhaltensindikatoren und Untersuchungszeiträume begrenzt.

Unser Projekt soll diese Lücken füllen und verfolgt drei konkrete Ziele: Erstens untersucht es vergleichend das Verhalten der AfD in allen Landtagen sowie die zugrundeliegenden Präferenzen und Strategien anhand verschiedener Indikatoren. Zweitens analysiert es die Interaktion zwischen der AfD und den etablierten Fraktionen. Drittens suchen wir auf Basis der Literatur zum Parlamentarismus, Populismus und Parteienwettbewerb nach Erklärungen für die Befunde zum Verhalten der AfD und der Interaktionsmuster im Parlament. Dabei konzentrieren wir uns insbesondere auf die Rhetorik, auf die Akzentuierung bzw. das Framing von Themen, die Positionierung entlang abstrakter ideologischer Dimensionen sowie zu konkreten Sachfragen. Empirisch stützen wir uns auf eine umfassende Auswertung von Reden, der wichtigsten parlamentarischen Initiativformen (z. B. kleine Anfragen) und manifester Verhaltensdaten (z. B. Abstimmungen zu ausgewählten Themen).

Unser Projekt lässt empirische und methodische Beiträge erwarten: Es produziert umfangreichere Erkenntnisse zur Rolle der AfD in den Landtagen und der durch sie hervorgerufenen Veränderungen, die auch die international vergleichende Forschung über populistische Parteien informieren werden. Unser Projekt ist dabei empirisch besonders ergiebig, da es mit den Methoden der maschinellen Textverarbeitung einen einmaligen, aktuellen Datenbestand verwendet und weiterentwickelt. Die gewonnenen Daten ermöglichen uns die systematische Analyse der aufgeworfenen Fragen und werden die wissenschaftliche Gemeinschaft zu weiteren Studien befähigen. Schließlich sind robuste Einsichten zu erwarten, da das Projekt im Sinne der computational social science bzw. eHumanities die aktuellen quantitativen und qualitativen Werkzeuge der Textanalyse nutzt.

 

Projektteam

Projektleiter:

Prof. Dr. Jochen Müller

Prof. Dr. Andreas Blätte (Universität Duisburg-Essen)

Dr. Marcel Lewandowsky (Helmut-Schmidt-Universität - Universität der Bundeswehr Hamburg)

Dr. Christian Stecker (Universität Mannheim, Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung)

Kontakt

Prof. Dr. Jochen Müller
Institut für Politik- und Kommunikationswissenschaft
Juniorprofessur für Politische Soziologie
jochen.mueller@uni-greifswald.de